15.01.2018

Der Frankfurter Architekt Alfred Jacoby hat zahlreiche Synagogen in Deutschland entworfen, darunter die in Darmstadt

Offenbach

Er war noch ein Junge, eines von drei Kindern in der jüdischen Gemeinde Offenbachs. Mit seinen Eltern ging Alfred Jacoby jede Woche in die Synagoge. Er mochte das düstere, enge Gebäude nicht. Es hat ihn bedrückt. Es fühlte sich nicht richtig an.

Viele Jahre später, Jacoby war inzwischen Architekt, erinnerte er sich immer noch an die dunkle Atmosphäre bei seinem ersten Synagogenbesuch. Gotteshäuser zu bauen ist zu Alfred Jacobys Spezialität geworden. Keiner hat nach dem Zweiten Weltkrieg so viele Synagogen in Deutschland entworfen wie er. Elf Gebäude sind bereits fertig, zwei weitere – in Dessau und Baden-Baden – werden in den kommenden Jahren errichtet. Auch eine Synagoge in Utah, USA, wurde nach seinen Plänen gebaut.

Jacoby wurde 1950 in Offenbach geboren. Seine Familie zog später nach Frankfurt um, wo er aufwuchs. Mit 15 Jahren wechselte er in eine jüdische Schule nach England. Danach studierte er Architektur an der Cambridge University sowie an der ETH Zürich und arbeitete zunächst in Österreich.

Der Architekturberuf hat Jacoby fasziniert, vor allem weil er „ein umfassendes Verständnis vom Zusammenleben der Menschen erfordert“. Die erste Synagoge nach seinen Plänen wurde 1988 in Darmstadt errichtet, 50 Jahre nach der Reichspogromnacht. Die Idee dahinter: eine Geste der Wiedergutmachung der Stadt für alle Synagogen in Darmstadt, die zerstört wurden. Ein Leitmotiv eint all seine Sakralbauten: „Sie konzentrieren sich immer auf die Idee, wie man jüdische Kultur ausdrücken kann.“

Im 19. Jahrhundert hatten die Synagogen in Deutschland meist eine Fassade mit Doppeltürmen sowie einer Kuppel in der Mitte, erzählt der Architekt. Vieles sei damals im maurischen oder assyrischen Stil gestaltet worden, „was überhaupt nicht hier ins Land gehörte“.

Das Alte wieder aufzubauen, erschien ihm nicht richtig

Er konnte und wollte keine Synagogen bauen, die sich an diesem alten Stil orientierten. Das Alte, so wie es war, wieder aufzubauen, erschien ihm nicht richtig. Nicht nach der bewussten Zerstörung mehrerer Tausend deutscher Synagogen, nicht nach jenem „erdbebenhaften Katastrophenfall“, dem Holocaust, bei dem versucht wurde, „ein Stück Identität völlig wegzuradieren und auszulöschen“.

Jacoby suchte deswegen nach anderen Symbolen, um die jüdische Identität darzustellen. Die Synagoge in Dessau zum Beispiel wurde von der Form der Thora inspiriert: Das Gebäude erinnert an eine Papierrolle, die ein Schild und eine Krone trägt. Horizontale Linien umfassen den Bau – wie ein Tallit, der jüdische Gebetsschal: „So hat man als Besucher das Gefühl im Raum von einem Gebetsmantel umschlossen zu werden.“

Jacobys Gotteshäuser sind hell und geräumig – durchdrungen vom Licht. Wichtig ist ihm „zusammen mit den Nachbarn“ zu bauen, Bauten zu gestalten, die zur umliegenden Architektur passen. Aber man soll sie trotzdem als jüdische Gotteshäuser erkennen können: „Sie dürfen sich nicht verstecken.“ Die Synagogen sollen das jüdische Leben sichtbar machen.

Denn Juden seien hierzulande immer noch mit Antisemitismus konfrontiert: „Man darf das nicht schönreden. Es passieren immer noch Dinge, die schrecklich sind: Mobbing an Schulen oder das, was dem Rabbiner in Offenbach, Mendel Gurewitz, vor einigen Jahren widerfahren ist, als er von Jugendlichen beleidigt und angegriffen wurde.“ Juden sollen sich gegen solche Angriffe wehren, sich nicht verstecken und offen darüber sprechen, meint der Architekt.

Den ausführlichen Artikel über Alfred Jacoby finden Sie auf den Seiten von Echo-Online.

  

(Bildquelle: echo-online.de)

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