26.05.2022

„Wildpferd“ ist jetzt Leuchtfeuer-Träger

Marburg

Gleichermaßen ernst wie humorvoll ging es in der Synagoge zu, als die Stadt Marburg und die Humanistische Union Amnon Orbach für sein Wirken auszeichneten.

„Amnon Orbach ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wieviel ein einzelner Mensch erreichen kann“, sagte Daniel Neumann in einer Laudatio, die Marburgs ehemaliger Oberbürgermeister Egon Vaupel anschließend als „herausragend und treffend“ bezeichnete. Der Direktor des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen blickt auf fast 20 Jahre zurück, in denen er mit dem neuen Träger des „Marburger Leuchtfeuer“ zu tun hatte.

„Ich fand Dich eigentlich immer ganz nett – etwas streitlustig vielleicht“, kommentierte er, stellte aber gleichzeitig die Durchsetzungskraft und Beharrlichkeit heraus, die Orbach auszeichneten – insbesondere bei den Planungen der Synagoge, die im Jahr 2005 eingeweiht wurde. Der Weg dahin sei ein „wilder Ritt“ gewesen. Neumann bezeichnete den Marburger als „Wildpferd“, das mit Unterstützung weiterer „kraftvoller Pferde im Stall“ wie Monika Bunk, einfach losgaloppiert sei, um den Traum von einer Synagoge Wirklichkeit werden zu lassen. „Und wir vom Landesverband waren die Cowboys, die darum kämpften, nicht abgeworfen zu werden.“ Insgesamt habe sich dieser Ritt aber gelohnt, stellte er mit Blick auf die Synagoge, in der die Überreichung des Leuchtfeuers stattfand, heraus.

Doch Neumann widmete sich nicht nur dem Engagement für das Bauwerk, sondern auch für die Menschen insgesamt: „Die Welt als Partner Gottes zu reparieren steht für Dich über allem. (...) Das Ringen mit Gott, das Ringen mit Menschen zeichnet Dich aus.“ Orbach habe einen Kompass entwickelt, der stets in Richtung Menschlichkeit, Offenheit und Toleranz zeige. Er schütte Gräben zu und führe die Menschen zusammen – und überwinde dabei im Notfall mit seinem „Dickkopf“ auch Wände.

Egon Vaupel stellte als Mitglied der Jury heraus, warum die Stadt und die Humanistische Union Marburg den Gründer und Ehrenvorsitzenden der Jüdischen Gemeinde und Ehrenbürger Marburgs mit dem Leuchtfeuer auszeichnete. Dabei erinnerte auch er sich an den Bau der Synagoge zurück. Damals habe das Geld gefehlt, aber Orbach wollte mit ihm das Beleuchtungssystem planen. Auf einmal habe dieser gesagt: „Gehen wir doch zu Probst Wöllenstein und sagen ihm, die evangelische Kirche könnte uns die Erleuchtung bringen.“

Polina Solovej, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Marburg, hob hervor, dass die Synagoge mehr als ein Gotteshaus sei: „Sie ist ein Zuhause.“ Franz-Josef Hanke, der Marburger Regionalvorsitzende der Humanistischen Union ergänzte: „Diese Haus atmet seinen Geist.“ Er lobte aber auch Orbachs Ehefrau Hannelore, die ihren Mann stets unterstütze. „Liebe ist sein Motor“, sagte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen: „Wer ihn kennt, weiß, wie seine Augen leuchten, wenn er über Israel spricht – oder über seine Frau Hannelore.“ Sie bezeichnete den Geehrten als „leuchtenden Stern“ und als Glücksfall für Marburg und erinnerte an eine weltweit einzigartige Aktion, als unter anderem Bilal El-Zayat, der Vorsitzende der islamischen Gemeinde, an der Vollendung der Tora mitwirkte.

Jury-Mitglied Jochen Schäfer sorgte für die musikalische Untermalung der Festveranstaltung. Er trug auch die Leuchtfeuerhymne vor. Bei einem Lied bekam er Unterstützung von Susanne Lohmiller als Sängerin.

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